Immobilien:
Die
überschätzte Anlageklasse
04.07.2013
· Immobilien sind kein finanzielles Ruhekissen. Nicht nur
lassen die Renditeerwartungen und Risikostreuung manchmal zu
wünschen
übrig, sondern der Aufwand wird oftmals
auch unterschätzt.
Auf und Ab an der Börse und das Damoklesschwert der
vermeintlich drohenden Hyperinflation verleiten Privathaushalte zu
paradoxen Entscheidungen. Das Heil wird regelmäßig
im Immobilienbesitz gesucht, was aufgrund der prinzipiellen
Wertstabilität dieser Anlageklasse zunächst
vernünftig erscheint. Jedoch ergibt unter dem Gesichtspunkt
der Diversifikation eine solche Investition wenig Sinn, falls die
Finanzierung der Immobilie den Großteil des
Vermögens verschlingt. Von der selbstverschuldeten Versklavung
an die Hausbank durch Überschuldung soll gar nicht erst die
Rede sein. Ein anderer Aspekt ist der unterschätzte Aufwand
beim Unterhalt des Objekts. Hinzu kommen gegebenenfalls die
Scharmützel rund um die Vermietung.
Alles auf eine Karte gesetzt
Wenn schon der Traum von der eigenen Immobilie verwirklicht werden
soll, dann scheuen viele Privatleute nicht, gleich das ganz
große Rad zu drehen. Das eigene Haus soll es da schon sein.
Auch wenn die Finanzierung durch die freundliche Hausbank und die
Kredittilgung durch eisernes Sparen gelingen, so hat man im Nachhinein
trotzdem nicht „alles richtig gemacht“. Es wird
leicht übersehen, welcher Freiheiten man sich selbst beraubt
und welches enorme finanzielle Risiko an einem haften bleibt. Die
freiwillige Freiheitsberaubung in Form eines Mangels an
flüssigen Mitteln – das verfügbare
Vermögen floss an die Bank und steckt nun bekanntlich im Haus
– ist noch eher verschmerzbar, wenn Eigenheim das Paradies
auf Erden bedeutet. Insofern ist das eher eine mentale Frage.
Weniger bestreitbar ist das Risiko des Wertverlustes der Immobilie.
Unglücksfälle wie Überschwemmungen oder
Brände aber auch versteckte Baumängel oder
Missgeschicke im Haushalt können stark an der Bausubstanz
zehren, wenn nicht diese auf einen Schlag ganz vernichten. Auf dem
Fuße folgt oftmals der ebenso schmerzende finanzielle Ruin,
falls wie in den wohl meisten Fällen unzureichender
Versicherungsschutz besteht. Angesprochen ist das Prinzip der
Diversifikation, das besagt, dass man sein ganzes Vermögen in
diverse Anlagen streuen und schon mal gar nicht auf eine einzige Karte
setzen soll. Wie seriös oder unseriös die Anlageform
auch sein mag, spielt dabei keine Rolle, denn im Zweifel
schlägt das Unglück eben doch zu, wovon die zahllosen
Lamentos „wieso trifft es gerade mich“ zeugen. Da
ist es natürlich besser, wenn nur ein Teil der finanziellen
Existenz betroffen ist, beispielsweise, wenn nur eine
mittelgroße Wohnung zerstört wird, dessen
Abschreibung locker zu verkraften ist.
Immobilie ist kein finanzielles Ruhekissen
Entgegen landläufiger Meinung ist eine eigene Immobilie kein
Freibrief zum Genießen des Erworbenen. Bereits beim Erwerb
sind nicht unerhebliche Aufwendungen zu betreiben, wenn ein Makler
beauftragt, der Notar konsultiert, die Finanzierung organisiert und der
Grundbucheintrag vorgenommen werden müssen. Ebenso werden
oftmals laufende Aufgaben unterschätzt, auch wenn bei
Eigennutz keine Mieter im Spiel sind. Vorrangig ist der Substanzerhalt
zu nennen, der insbesondere bei älteren oder Denkmalimmobilien
an den Kräften zehren kann. Eigentümerversammlungen,
Steuerberatungstermine und Behördengänge sind ebenso
ins Kalkül zu ziehen. Unter dem Strich ist es wiederum eine
Einstellungssache, ob man diese Aufgaben als Klotz am Bein empfindet
oder als annehmbare Routine.
Noch brisanter wird es für den Immobilienbesitzer, wenn er das
Objekt vermietet. Ohne Zweifel gehören
Mietverhältnisse zur Lebenswirklichkeit in einer Gesellschaft
dazu. Dennoch ist das Einnehmen der Rolle eines Vermieters nicht
jedermanns Sache. Zum einen machen manche Mieter dem
Eigentümer das Leben schwer, wenn sie beispielsweise
unpünktlich die Miete zahlen, die Nachbarn durch Lärm
ärgern oder die Wohnung verwüsten. So manchem
Immobilienbesitzer graut es vor Mietnomaden, die aber eher im Fernsehen
als in der Realität omnipräsent sind. Zum anderen
muss man als Vermieter offensiv seine Interessen wahrnehmen, sei es bei
der alltäglichen Kommunikation mit dem Mieter, Hausverwalter,
Makler oder der Eigentümergemeinschaft. Still im
Kämmerlein sitzen und die Sachen auf sich zukommen lassen ist
eher fehl am Platze.
Drei Fragen weisen den Weg
Aus dem Gesagten kann nur die folgende Lehre gezogen werden: Ein
Immobilienerwerb will gut überlegt sein. Hilfreich sind, wie
dargelegt, die folgenden Fragen: Wie ist es um die Bereitschaft
bestellt, längerfristig finanziell kürzer zu treten?
Welcher Anteil des Vermögens soll in eine einzige Anlageklasse
gesteckt werden? Ist man willens, allen Aufgaben rund um die Immobilie
ohne Murren nachzukommen? Erst die ehrliche Beantwortung dieser Fragen
weist den Weg hin zu oder aber eben auch weg von einer Immobilie,
sofern Renditeerwägungen keine Rolle spielen.
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Lesetipp:
Florian Huber, Ratgeber Neubau-Immobilien: So vermeiden Sie teure
Fehler beim Immobilien-Kauf vom Bauträger, Books on Demand,
Norderstedt 2010