Value- versus Growth-Strategie: Sleeper oder Raketen im
Depot?
02.06.2013
· Sowohl mit der konservativen Wertstrategie als auch der
risikoreicheren Wachstumsstrategie lassen sich an der Börse
methodisch Gewinne einfahren. Noch lukrativer ist die Kombination.
Aussichtsreiche Anlagetitel wie Aktien kaufen, um früher oder
später überdurchschnittliche Gewinne zu machen, ist
die
klassische Börsenstrategie. Bei der Frage, was aussichtsreich
sei,
scheiden sich die Geister. Für die einen sind es die Blue
Chips,
also Firmen mit größter Marktkapitalisierung,
für
andere die dividendenstärksten Titel, andere meinen gar,
einfach
querbeet in alles zu investieren und sich für ein paar Jahre
schlafen zu legen. Der Ansätze gibt es viele, jedoch haben
sich
zwei gegenläufige Konzepte empirisch als besonders
erfolgversprechend erwiesen: Die Wert- bzw. Value- und die Wachstums-
bzw. Growth-Strategie.
Zwei gleichberechtigte Alternativen
Bei der Growth-Strategie wird der Fokus auf Unternehmen gelegt, die
besonders starke Gewinnzuwächse verzeichnen. Diese sind
oftmals
gemessen an aktuellen Finanzkennzahlen wie
Kurs-Gewinn-Verhältnis
(KGV) stark überbewertet, bei anhaltendem Tempo der
Gewinnzuwächse ist dennoch eine „gesunde“
Bewertung
gemessen am Einstiegskurs abzusehen, der alsbald übertroffen
werden dürfte. Entscheidend ist die Nachhaltigkeit des
Unternehmenswachstums. Betätigung in aufstrebenden Branchen,
Vorsprung vor Konkurrenz oder das mitziehende Umsatzvolumen sind in der
Regel die Kriterien, die im Hinblick auf die Solidität des
Wachstumskurses zu beachten sind. Stimmen diese, dann kann sich der
Investor so mancher Rakete im Depot erfreuen.
Hingegen stehen bei der Value-Strategie bereits in der Vergangenheit
verlässlich Gewinne erwirtschaftende Unternehmen im
Vordergrund. Diese müssen nicht in Zukunftsmärkten
Tätig sein, lediglich deren Untergang sollte sich nicht gerade
abzeichnen. Als Filter für die aussichtsreichsten Kandidaten
unter den bewährten Cash Cows fungiert die Marktbewertung bzw.
der Börsenwert im Vergleich zum Buchwert der Firma, also den
Vermögenswerten saldiert um die Schulden. Je
schwächer diese Kenngröße ist, desto
größer ist die Chance. Zur Absicherung dienen
Kennzahlen wie KGV oder die Dividendenrendite. Freilich können
auch aktuell Verluste einfahrende Firmen bei krasser Unterbewertung ins
Portfolio aufgenommen werden. Dies ist eine riskantere Variante der
Wertstrategie, die alleine auf die Substanz der betroffenen Firma
schielt.
Kombination mit Marktzyklus
Wenn sich die Wirtschaft erholt, dann schlägt die Stunde der
Value-Titel. In der vorangehenden Flautephase haben viele grundsolide
Unternehmen an der Börse nicht bloß stärker
als ihre einknickende Ertragskraft dies vernünftig erscheinen
lässt an Wert verloren. Die Erholung des Börsenkurses
kann dank misstrauischer Markteilnehmer zudem oftmals mit den wieder
anziehenden Erträgen nicht Schritt halten – die
Unterbewertung nimmt zu. Solche Perlen, auch Substanzwerte genannt, zu
ergattern, ist das oberste Gebot des Value-Investors. Eine
Börsenlegende auf diesem Gebiet ist der US-Amerikaner Warren
Buffet, der mit seiner Beteiligungs- und Investmentgesellschaft
Berkshire Hathaway eines der weltgrößten
Vermögen erwirtschaftete. Sein Mentor war der US-amerikanische
Wirtschaftswissenschaftler Benjamin Graham, der mit seiner
fundamentalen Wertpapieranalyse als Wegbereiter des Value-Ansatzes gilt.
In rezessiven Phasen steht erst einmal die Korrektur von
Überbewertungen an. Value-Titel sind noch eher
spärlich zu finden, während Unternehmen mit starken
Ertragszuwächsen, die dem Abschwung trotzen, sich zahlreicher
finden lassen. Sofern deren „Story“ stimmt, sind
sie die erste Wahl, da die Börse eine intakte Wachstumsstory
in der Regel auch in Baisse-Phasen honoriert. Das vorzeitige Setzen auf
Value-Titel birgt auch die Gefahr des „Griffs ins fallende
Messer“, denn Marktteilnehmer neigen auch in die umgekehrte
Richtung, also bei Gewinnrückgängen, zu
Übertreibung. Bei besserem Timing hat man schlechtestenfalls
einen Sleeper im Depot, der etwas Zeit braucht, bis er wieder erwacht
und seinen fairen Wert erreicht.
Kein klarer Favorit – Zusammen erfolgreich
Hinsichtlich der Renditeerwartungen kann keine der Strategien die
andere ausstechen. Die Wachstumsraketen sind bisweilen exorbitant
gewinnbringend, aber das Risiko von Fehlzündungen ist durchaus
hoch. Man denke nur an die New Economy-Blase um die Jahrtausendwende,
als Internet-Startups reihenweise pleitegingen. Im Durchschnitt springt
in etwa die Rendite von Value-Strategien heraus. Doch von einer
Entweder-oder-Alternative war gar nicht die Rede. Gerade unter
Beachtung des Börsenzyklus kann eine sinnvolle Kombination
vorgenommen werden, wenn in der Baisse Wachstumswerte und in der Hausse
Substanzwerte bevorzugt werden. Sodann ist ein langfristiger
Anlageerfolg, der die gängigen Benchmarks wie DAX, Dow Jones
oder Euro Stoxx 50 übertrifft, höchstwahrscheinlich.
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